Brühls Trainer im Interview

Bis Ende Februar wird Brühls Trainer Heris Stefanachi mit seiner Mannschaft kein ordentliches Training machen können. Die Corona-Massnahmen des Bundes verbieten das. Nun weilte Stefanachi ein paar Tage im Tessin und hospitierte beim FC Lugano, als dieser sich auf das erste Rückrundenspiel gegen Sion vorbereitete. Dies, damit er nicht ganz aus der Übung kommt…
Damit Sie nicht ganz aus der Übung kommen, bringen wir die nächsten Tage ein paar ausgewählte Texte aus unseren letzten Kronenjournal und beginnen heute mit einem Interview mit Heris Stefanachi, das wir anfangs Dezember führten. Da erzählt er unter anderem, warum sein junges Team im Herbst so erfolgreich war und wo er sich selber in zehn Jahren als Trainer sieht.

Das Jahr 2020 war ja auch für Fussballtrainer ziemlich mühsam: Lockdown und Saisonabbruch im März, früherer Start im Sommer, dann wieder Unterbruch ab Oktober, dafür nun Training bis in den Winter. Wie hast du persönlich das weggesteckt?
Heris Stefanachi: Es gab verschiedene Phasen. Die Phase des Lockdowns, da habe ich mich persönlich vom Fussball abgewendet und mich auf mein Leben ausserhalb konzentriert, es war auch eine schöne Zeit. Sehr speziell war anschliessend die Phase des Wiedereinstiegs. Ganz neue Faktoren kamen auf uns zu, da alle Spieler seit längerer Zeit nicht im Team trainiert hatten. Die Trainings mussten dosiert werden, den neuen Spielern musste man mehr Zeit geben, da sie natürlich während dem Lockdown auch Form, Koordination und Automatismen verloren haben. Nach zwei sehr guten Arbeitswochen waren wir dann wieder drin. Eine interessante Zeit.
Der erneute Unterbruch im Oktober vor dem Köniz Spiel hat mich wütend gemacht. Wegstecken muss man aber alles, was kommt, und inzwischen habe ich mich wieder abgeregt (lacht).

Deine Mannschaft war von Corona ja direkt betroffen. Einige Spieler hatten Symptome und wurden positiv getestet, die Mannschaft war im Oktober in Quarantäne. Sind nun alle wieder fit?
Ja wir hatten einige Positive. Alle hatten leichte Symptome und allen geht es wieder bestens.

Ihr habt bis Ende November trainiert, aber seit Mitte Oktober keine Spiele mehr gehabt. Wie hält man da die Spieler bei Laune?
Mit sinnvoll gezielten Trainings, bei denen der Akzent auf den Spass aber auch die Weiterentwicklung gelegt wird. Für mich gibt es keine Trainings, wo wir einfach trainieren, damit wir trainiert haben. Man muss die Weiterentwicklung in jeder Trainingsminute fordern, auch während Corona und mit diesen ganz speziellen Vorgaben ohne Zweikämpfe.
Wir haben das Team in zwei Gruppen aufgeteilt. Alex arbeitet mit seiner Gruppe auf verschiedene Schwerpunkte, die für Defensivspieler wichtig sind, und ich arbeite auf andere Schwerpunkte mit den Offensivspielern. Die Mannschaft arbeitet sehr motiviert und die Fortschritte sind gut sichtbar. Ich bin selber überrascht, wieviel man auch aus solchen Trainings rausholen kann.
Grundvoraussetzung ist aber die Motivation der Spieler. Ich habe meinen Spielern ein grosses Kompliment gemacht. Sie trainieren mit Spannung, Wille und mit der richtigen Konzentration. Es macht auch in dieser Zeit Spass sie zu trainieren. Sie haben Lust auf Fussball.

Ihr habt eine starke Saison gespielt und steht nun auf dem sechsten Platz. Zu Beginn gab es in Serie acht Spiele ohne Niederlage. Diesen Erfolg haben die wenigsten erwartet. Du auch nicht?
Hätten wir das fehlende Spiel gewonnen, dann stehen wir auf dem vierten Platz. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich das so erwartet habe. Wir hatten im Sommer einen Umbruch im Team, zum grössten Teil gewollt, aber dann kamen auch ungeplante Abgänge dazu. Wir hatten im Juni noch zehn Testspieler in der Vorbereitung und wir mussten ein neues Team formen. Schritt für Schritt haben wir das in Angriff genommen und unser Team aufgebaut. Es war eine anspruchsvolle Zeit, die wir aber mit dem Verein und den Spielern zusammen sehr gut gemeistert haben. Meine Jungs haben sehr schnell Fortschritte gemacht, das ist der erste Grund für den Erfolg. Obwohl wir noch keine Automatismen hatten, haben sie die Vorgaben sehr gut und schnell umgesetzt, das ist der zweite Grund; und der Charakter der Spieler ist der dritte Grund. Dank diesem Charakter haben wir praktisch immer das Maximum aus uns rausgeholt. So haben wir alle noch fehlenden Faktoren in der Anfangsphase gutgemacht.

«Ich kann niemanden weiterbringen, der das nicht will»

Die letzten zwei Spiele vor dem Unterbruch gingen dann verloren. Was war der Grund?
Erstens ist nicht einfach, die Konstanz an guten Resultaten über eine ganze Vorrunde zu halten. Ein Grund war auch, dass wir in diesen Spielen einige Absenzen hatten, das ist aber keine Entschuldigung. Absenzen muss man in einer Saison kompensieren können, auch für diese Momente wird das Kader zusammengesetzt. Aber die Spieler, die dann eingesetzt wurden, konnten ihr Potenzial noch nicht abrufen, und das müssen wir verbessern. Alle müssen auf der Höhe und ständig bereit sein, denn wir dürfen bei Absenzen keinen Leistungsabfall haben. In Bavois haben wir gegen den Tabellendritten verloren, und das ist sicherlich nicht ein Skandal.

Brühl setzt mit Abstand die jüngsten Spieler in der Promotion League ein – abgesehen von den drei U21-Teams. Da muss der Trainer ein Ausbildner sein. Was sind die Schwerpunkte deiner Ausbildung?
Der erste Schwerpunkt ist, die richtigen Menschen auszuwählen, die die Leidenschaft und das Herz für diesen Sport haben. Denn ich kann niemanden weiterbringen, der es selbst nicht will oder der zu wenig Charakter für dieses Business hat.
Ich versuche, einen gesunden Mix von Teambildung, Automatismen für das Team und persönlicher Weiterentwicklung jedes einzelnen Spielers zu leben. Mentale Stabilität, Abhärtung und Selbstvertrauen sind ganz wichtige Eigenschaften, an denen wir arbeiten; und auf dem Platz muss man auch individuell und positionsbezogen mit jedem einzelnen Spieler arbeiten. Bei 24 Spielern ist das sicherlich die anspruchsvollste Arbeit.

Du warst bereits erfolgreicher Trainer mit Bazenheid, bist mit ihnen aufgestiegen. Jetzt arbeitest du erfolgreich mit den jungen Brühlern. Hat da die Challenge-League noch nicht an die Türe geklopft?
Nein. Zuerst will ich mit dem SC Brühl etwas erreichen, was momentan mit Covid-19 nicht so einfach ist, da schon das zweite Mal eine gute Saison unterbrochen wurde, was mich sportlich natürlich total nervt. Wenn ich gut arbeite, dann ist das ein Thema in der Zukunft. Ein schöner Traum wäre auch ein Kunstrasen im PGS, um totalen Fussball spielen zu können und mit dem SC Brühl in der Challenge League zu spielen.

Gibt es Pläne für die Zeit nach Brühl? Wer müsste da anklopfen?
Sportlich möchte ich die Leidenschaft zum Beruf machen, ich weiss das ich das kann. Ich will 24 Stunden Fussball leben können. Ich werde weiter an diesem Ziel arbeiten, Schritt für Schritt, wie ich es bis jetzt gemacht habe. Nach dem SC Brühl wird derjenige anklopfen, der sich für mich interessiert, der meinen Weg verfolgt hat und darum an mich glaubt. Das wird dann auch der Richtige sein. So wie vor zwei Jahren unser Sportchef Roger Jäger und vor sieben Jahren Hans Stadler vom FC Bazenheid.

Interview Felix Mätzler

Dieses Interview und weitere spannende Texte finden Sie in der aktuellen Ausgabe des Kronenjournals, das auch als pdf vorliegt.