Eine Familie zu verlassen, ist nie einfach. Auch Roberto Sbocchi, Trainer der zweiten Mannschaft schmerzt der Abschied. Der Abschied im Sommer, der aber schon vollzogen ist, weil gar nicht mehr trainiert wird. «Es tut weh», sagt er. Alleine sitzt er am runden Tisch in der Kronen-Lounge. Da wo sonst alle zusammenkommen: Junioren, Trainer, Funktionäre. Halt eben die ganze Brühler Familie. Jetzt ist das Stadion menschenleer: Corona-Zeit.
Acht Jahre lang war er Trainer beim SC Brühl. Und das erfolgreich. Egal ob D-Elite, C-Meister oder B-Meister: Am Ende resultierte immer der Titel. Sein Erfolgsrezept: «Arbeit, Arbeit, Arbeit!» Ohne Fleiss kein Preis. «Im Breitenfussball findet man nur selten Leute, die so professionell arbeiten wie er», sagt einer, der eng mit ihm zusammengearbeitet hat in den vergangenen Jahren: Vorstandsmitglied Mauro Pedone.
Für Roberto Sbocchi ist Fussball mehr als ein Hobby. «Er ist mein Leben», sagt er. Begonnen hat dieses Leben in seiner Heimat Italien. Dort hat er zum ersten Mal mit dem Ball gekickt und später Fussballschulen besucht. Schulen, die ihn geprägt haben. Er mag die Technik, den Ball – stundenlanges Konditionstraining ist dagegen nicht sein Ding.
Weniger italienisch geprägt zu sein, scheint seine Spielphilosophie. Nicht Catenaccio, Betonriegel und solide Defensive stehen bei ihm im Vordergrund, sondern Offensivspektakel. «Solange wir ein Tor mehr erzielen als der Gegner, bin ich zufrieden», sagt er.
Mit diesem Offensivspektakel war er nicht nur bei den Junioren erfolgreich, sondern auch bei den Aktiven. Vor drei Jahren wurde ihm die «Mission Aufstieg» übertragen; mit der zweiten Mannschaft den langersehnten Aufstieg in die 3. Liga zu bewerkstelligen. Mit seinem Credo «Ohne Fleiss kein Preis» machte er sich an die Arbeit, ordnete eine zusätzliche Trainingseinheit pro Woche an. Nicht bei allen Spielern sorgte dies für Begeisterung. Ende Saison sollte sich der Effort aber auszahlen. Der Aufstieg war Tatsache, die Mission erfüllt. «Und das mit einer jungen Mannschaft», sagt Roberto Sbocchi und lächelt.

Er ist zufrieden mit der Arbeit, die er in den vergangenen Jahren geleistet hat für den SC Brühl. Viel Zeit habe er investiert, die Ziele erreicht – auch nach dem Aufstieg, führte er die Mannschaft doch ein Jahr später ins vordere Tabellendrittel. Und wer weiss, wie diese Saison geendet hätte? Nach einer durchzogenen Vorrunde hat Roberto Sbocchi im Winter einige Korrekturen im Kader vorgenommen. Voller Optimismus wollte er im Frühling nochmals durchstarten. Stattdessen Abbruch der Saison und ein Verein, der sich Gedanken gemacht hat, wie es weitergehen soll mit der zweiten Mannschaft. «Vor drei Jahren haben wir Roberto Sbocchi die Chance gegeben, von den Junioren in den Aktivfussball zu wechseln. Jetzt wollen wir mit Marco de Grassi erneut einem jungen, talentierten Trainer diese Chance geben», sagt Mauro Pedone. Er spricht von einem neuen Zyklus, einer neuen Ära, die eingeleitet werden soll. Deswegen habe sich der Verein zu diesem Schritt entschlossen. Das ändere nichts daran, dass man mit der Arbeit von Roberto Sbocchi sehr zufrieden gewesen sei. Er sieht den Wechsel auch als Chance für diesen, ausserhalb des Vereins einen nächsten Schritt zu machen und die Verantwortung für eine erste Mannschaft zu übernehmen. So wie es eigentlich dem Naturell des Italieners entspreche.
Bei Brühl musste er mit seinem Arbeitseifer und seinem Perfektionismus immer etwas hinten anstehen. Nicht alle seine Wünsche konnten bei den beschränkten Möglichkeiten in der Juniorenabteilung oder der zweiten Mannschaft erfüllt werden. Als Cheftrainer stehen ihm da andere Möglichkeiten zur Verfügung. Dessen ist sich auch Roberto Sbocchi bewusst. Deshalb strebt er nun diesen Schritt an. Er sucht die Verantwortung für eine Mannschaft in der 2. oder 3. Liga. So einfach sei das zurzeit aber nicht, sagt er. Das macht ihm den Abschied nicht leichter. Er macht sich Sorgen, bald ohne seinen geliebten Fussball zu sein. Fussball, der eben mehr als ein Hobby für ihn sei, sondern sein Leben.
Er legt den Schlüssel auf den Tisch, lässt seinen Blick nochmals durch den Raum schweifen. Bilder aus über 100 Jahren Vereinsgeschichte schmücken das Lokal. Helden von gestern und heute. Viele haben die Familie irgendwann verlassen, viele sind irgendwann zurückgekehrt. Einmal Brühler, immer Brühler. Patrik Kobler

Lesen Sie hier den Artikel zum Trainerwechsel in unserer zweiten Mannschaft